Das Phänomen ist weithin bekannt: das sogenannte „Bulimie-Lernen“ ist heute bei jungen Menschen mehr oder weniger „üblich“. Da wird kurz vor den Prüfungen alles im Eiltempo wiederholt, aber auch nur das, von dem man annimmt, es käme in der Prüfung dran. Das Gehirn kann dieses Wissen aber nicht im Langzeitgedächtnis speichern und so ist der ganze Lernstoff schnell vergessen.

Aber: Lernen kann leicht, effektiv und erfolgversprechend sein! Mit den richtigen Lernmethoden, nützlichen Tipps und der richtigen Unterstützung der Ausbilder/-innen:
 

Methode #1: Lernziele klären – wohin führt der Weg?

Ziele können super Motivatoren sein, wenn die intrinsische Motivation des Auszubildenden mit ihnen gefördert wird. Ausbilder unterstützen ihre Azubis, indem sie mit ihnen gemeinsam an den über- und untergeordneten Lernzielen zur Prüfung arbeiten:

Was verbindet der/die Auszubildende emotional mit dem Ziel? Ist „das große Ganze“ bekannt, z.B. weiterführende Karrierewege nach erfolgreichem Abschluss? Ein festes Gehalt als Mitarbeiter? Oder die Aussicht auf eine konkrete Stelle nach der Übernahme?

Gemeinsam sollten Ausbilder und Auszubildende die Zwischenlernziele auf dem Weg zum großen Karriereziel festlegen, sie ganz konkret schriftlich formulieren und sie natürlich auch gemeinsam kontrollieren, ob sie erfolgreich erreicht wurden oder nicht.


Methode #2: Zeitmanagement – Wann wird welcher Wegabschnitt zurückgelegt? 

Viele Auszubildende verzetteln sich beim Lernen. Ausbilder/-innen können ihren Auszubildenden daher am besten helfen, wenn gemeinsam sinnvolle Zeitabschnitte festgelegt werden, in denen a) die Zwischenlernziele konkret überprüft werden und b) zu denen die Azubis auch im Betrieb tatsächlich Zeit zum Lernen für ihre Prüfung erhalten.  Wichtig ist ein früher Starttermin, damit der Stoff gut zu bewältigen ist und damit auch genügend Zeit für Pausen zwischen den Lerneinheiten bleibt. Diese sind wichtig, um die Konzentration aufrecht zu erhalten und das jeweilige Thema auch langfristig im Gedächtnis behalten zu können. Kleine und häufige Lerneinheiten und Lernabschnitte sind hierbei von größerer Wichtigkeit.

GEORG unterstützt Ausbilder/-innen dabei, gemeinsam mit Azubis zeitliche Lernziele zu bestimmen und einen übersichtlichen Lernplan zu erstellen.
 

Methode #3: Ressourcen planen – Was wird zum Erreichen jedes Lernabschnitts/Lernziels benötigt? 

Effektives Lernen braucht nicht nur eine geeignete Lernmethode, sondern vor allem auch gute Lernmaterialien. Hier sind mehrere Fragen zu klären:

  • Haben die Auszubildenden mindestens alle Schulunterlagen (Bücher, Handouts etc.) die sie zum Lernen benötigen? 
  • Welche Lernmaterialien kann der Ausbildungsbetrieb zusätzlich zur Verfügung stellen? Hier sind nicht nur die klassischen „alten“ Prüfungsbögen gemeint. Gerade Online-Portale wie GEORG bieten zusätzlich Lerneinheiten zum Wiederholen des gesamten Stoffes an. Stehen den Auszubildenden zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung, um zu recherchieren? Z.B. ein freier Internet-Zugang um sich Video-Tutorials anzuschauen?
  • Bei gewerblich technischen Berufen: Wo, wann und wieviel Arbeitsmittel können in einer lernförderlichen Umgebung zum Üben, bzw. Herstellen von Werkstücken, Produkten etc. eingeräumt werden?

Methode #4: Inhalte strukturieren – Welche Inhalte müssen für welches Lernziel erarbeitet werden? 

Lernziele werden schneller und mit mehr Erfolg erreicht, wenn ganz klar festgelegt und abgegrenzt ist, was inhaltlich gelernt werden muss. Dafür bietet sich hervorragend die Lernmethode der Mind-Map an:

Ausbilder sollten dafür großflächige Visualisierungsmöglichkeiten nutzen, also große Whiteboards oder Pinnwände mit Moderationspapier. In die Mitte als zentraler Ausgangspunkt wird das jeweilige Thema der Lerneinheit oder der Prüfung geschrieben, z.B. „Wirtschaft und Soziales“. Die einzelnen Baumäste könnten z.B. mit den Kapitelüberschriften aus dem Schulbuch beschriftet werden. Nun sollen die Auszubildenden alles aufschreiben, was ihnen dazu noch im Gedächtnis geblieben ist, z.B. in grüner Farbe. Im Anschluss verschaffen sich die Auszubildenden anhand alter Prüfungen und der Schulbücher einen Überblick, was für die Prüfung gebraucht wird, was sie aber so spontan nicht mehr wussten und ergänzen die Stichworte in roter Farbe. Das Ergebnis zeigt ihnen, was sie noch nicht wussten, was noch im Langzeitgedächtnis verankert war und was sie noch wiederholen und besser lernen müssen.

Gemeinsam mit dem Ausbilder werden nun die Inhalte den Lernzielen und festgelegten Zeitabschnitten zugeordnet.
 

Methode #5: Inhalte wissen, erinnern und anwenden – Wie lernt man am besten? 

Das Ziel einer Ausbildung ist das Erlangen der beruflichen Handlungsfähigkeit, d.h. der Erwerb von Kompetenzen. Damit steht das „Lernen durch Handlungsorientierung“ als Lerntechnik an oberster Stelle. Fakten (Oberflächliches) müssen mit einer Anwendung verknüpft werden (Kontext) um ein tieferes Verständnis prozessorientierter Zusammenhänge zu erreichen (das große Ganze).

Ausbilder helfen ihren Azubis am meisten, wenn sie mit ihnen gemeinsam den Schulstoff/Prüfungsstoff auf die betrieblichen Arbeits- und Organisationsprozesse übertragen und Sinnzusammenhänge schaffen. Wo im Betrieb wird das theoretische Berufsschulwissen praktisch umgesetzt und gebraucht?

Auszubildende lernen am besten, wenn sie sich, gemäß des Kreislaufs der vollständigen Handlung z.B. mit Hilfe von Leittexten, Fallsituationen oder anhand kleinerer Projekte sowohl theoretische wie auch praktische selbst Informationen erarbeiten müssen (am besten die, die sie auch für die Prüfung benötigen), ihre Vorgehensweise selbst planen (siehe Punkt 1 und 2), für sich die konkrete Entscheidung treffen, wie sie vorgehen, um dann die Aufgabe selbständig durchzuführen.

Dabei wenden sie automatisch Lernmethoden an, wie 

  • „Lernen durch Wiederholung“, weil sie z.B. ein und die gleiche Information aus verschiedenen Quellen immer wieder erhalten.
  • „Lernen durch Verstärkung“, weil dabei Erfolgserlebnisse z.B. bei Erreichen von Zwischenzielen oder bei Lob durch den Ausbilder das Belohnungssystem aktivieren.
  • „Lernen durch Einsicht“, weil sie beim Durchdenken komplexer Aufgabenstellungen auf vielleicht noch unbekannte Zusammenhänge stoßen.


Lernerfolgskontrolle mithilfe von Präsentationen, Vorträgen, Rollenspielen oder ähnlichem, die die Azubis (am besten vor Publikum) vortragen sollten, verstärken die Effekte der Lernmethoden, weil das Gelernte und Verstandene nun auch noch visualisiert und anderen dargestellt und erklärt werden muss.
 

Methode #6: Karteikarten – Wie bekomm ich das Thema ins Langzeitgedächtnis? 

Die praktische Erfahrung kann in vielen Fällen dafür sorgen, dass Informationen im Gehirn abgespeichert werden. Je nachdem, um welches Fachgebiet es sich handelt, müssen aber auch Definitionen gelernt werden. In diesem Fall ist das Erstellen von Karteikarten eine bewährte Lernmethode, um sich die Informationen besser zu merken. Diese Methode eignet sich gut, wenn das Thema beispielsweise viele neue Begriffe beinhaltet. Durch wiederholtes Lesen der Notizen fällt es leichter, sich den Lernstoff einzuprägen. Die Verwendung von Eselsbrücken hilft außerdem dabei, sich komplexe Zusammenhängen zu merken.

Es gibt auch viele Tools, die es ermöglichen online mit Karteikarten zu lernen.
 

Methode #7: Digitales Lernen – Wie helfen Online-Plattformen beim Erreichen der Lernziele?

Digitale Lernplattformen bieten gerade durch ihre zeitliche und örtliche Unabhängigkeit großes Potenzial, analoge Lernmethoden effektiv zu ergänzen und zu unterstützen. Die Lernenden können sich den Lernstoff freier einteilen, Texte unterwegs lesen und ihrem Empfinden nach Pausen machen.

Ein großer Vorteil des mobilen Lernens ist die Tatsache, dass sich die Lernenden untereinander austauschen können und beispielsweise gemeinsam einen Text bearbeiten. Der Einsatz animierter Grafiken hilft dabei, komplexe Themen vereinfacht darzustellen und so zu einem besseren Verständnis beizutragen. Bei richtiger Anwendung können Lernmanagementsysteme wie GEORG das Lernen deutlich optimieren, da sie mehr Freiheiten und Flexibilität bieten.


Methode #8: Prüfungssimulation – Wie könnte die eigentliche Zielerreichung aussehen?

Nichts gibt so viel Sicherheit wie Üben, Üben, Üben, gerade für Prüfungen. Gute Ausbilder wissen das und simulieren mit ihren Azubis die Prüfungen in Echtzeit unter (fast) realen Bedingungen. Dabei zeigen sich schnell die Schwachstellen: Zu wenig Zeit? Immer noch Wissenslücken? Dann kann jetzt noch einmal nachjustiert werden. 

Gerade für die mündliche/praktische Prüfung ist das wichtig, denn vor einem Prüfungsausschuss zu sitzen, ist noch einmal etwas ganz anderes, als allein einen Fragebogen in der schriftlichen Prüfung auszufüllen. Häufige Simulation baut Ängste ab und Selbstvertrauen auf!

Jede Person muss für sich selbst prüfen, welche Lernmethode für sie gut funktioniert, um sich neues Wissen zu merken und langfristig abzuspeichern. Ausbilder können Ihre Auszubildenden dabei unterstützen, die effektivste Methode zu finden!


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Verfasst von der Fachexperten Jutta Mohamed-Ali

Jutta Mohamed-Ali, Diplom-Betriebswirtin, Inhaberin von ArsAzubi, Ausbildungsberatung für KMU. Als Beraterin, Trainerin und Coach beschäftigt sie sich seit über 15 Jahren mit der Ausbildung von Azubis und dual Studierenden. Erst in einem der größten, deutschen DAX-Konzerne, dann als selbständige Beraterin. Als Psychotherapeutin (HPG) und Lernprozessbegleiterin begleitet sie Azubis im Auftrag der KMU durch die Ausbildung, berät und unterstützt die Betriebe in allen Ausbildungsfragen und trainiert die Mitarbeiter in Seminaren und Workshops. Als Dozentin schult sie an Industrie- und Handelskammern zukünftige Ausbilder. 
Kontakt: ArsAzubi, Rosenhof 36, 64560 Riedstadt, Tel.: 06158/9170340 
E-Mail: jutta.mohamedali(at)arsazubi.de www.arsazubi.de